Schlechtes Vertragsangebot nach dilettantischem Vorgehen des MagistratsKooperationsangebot der Süwag kann nicht überzeugen

Interessengemeinschaft Fernwärme Schwalbach am Taunus
01.11.2025

Schlechtes Vertragsangebot nach dilettantischem Vorgehen des Magistrats
Kooperationsangebot der Süwag kann nicht überzeugen



Nach zwei Kartellverfahren in einem einzigen Jahrzehnt, einer laufenden Sammelklage gegen den Heizwerkbetreiber und immer wieder verzögerten Abrechnungen wollen die Schwalbacher Fernwärmekunden bei neuen Verträgen genauer hinschauen. Der Magistrat hat aber stattdessen im stillen Kämmerlein mit der Süwag einen Verlängerungsvertrag verhandelt und will diesen – in weiten Teilen geheim gehaltenen – Vertrag schon Anfang Dezember im Parlament beschließen lassen. Dies stößt auf völliges Unverständnis und große Ablehnung, wie schon bei dem Informatioinsabend der IG Fernwärme und nun auch bei der Bürgerversammlung am 30. Oktober mehr als deutlich geworden ist. Es geht um einen Kooperations¬vertrag über gleich zwanzig Jahre und über die Hälfte der Schwalbacher sind davon betroffen.
Dass die Geheimhaltung vor allem Betriebsgeheimnisse schützen sollte, erscheint jedenfalls immer weniger glaubhaft – es geht um ganz zentrale äußerst fragwürdige Festlegungen. Beispielsweise hatte die IG Fernwärme darauf hingewiesen, dass nach dem geplanten Kooperationsvertrag die Fernwärmepreise noch jahrelang erheblich über den Kosten für eine individuelle regenerative Eigenversorgung mit einer Wärmepumpe liegen dürften. Eine solche – viel zu hohe – Preisobergrenze wäre ebenso besorgniserregend wie die ursprüngliche Absicht, diesen Vertragsinhalt geheim halten zu wollen. Aber auch die wenigen bisher veröffentlichten Details können nicht überzeugen: Bei den Veränderungsklauseln – also den vereinbarten Preissteigerungen – würden doppelt berücksichtigte CO2 Abgaben die Preise immer weiter in die Höhe treiben. Das ist von vornherein nicht gesetzeskonform und unter solchen Umständen ist dann ein Anschlusszwang für alle bisherigen Fernwärmekunden nur aus der Sicht des Heizwerkbetreibers wünschenswert, für die Kunden ist er eine Gängelung, die unmittelbar auf schlechte Konditionen schließen lässt.
Die in der Bürgerversammlung deutlich geäußerte Kritik muss ernst genommen werden. Und es wird noch genauer zu hinterfragen sein, wie es angesichts einer hervorragenden Ausgangslage zu einem so wenig überzeugenden Vertragsentwurf kommen konnte. Es gibt ja bereits ein funktionierendes Verteilnetz, das schriftlich dokumentiert zum Heizwerkbetrieb gehört und es gibt die Möglichkeit, Abwärme aus den Rechenzentren zu nutzen. Die Voraussetzungen für günstige Fernwärmepreise sind in Schwalbach außergewöhnlich gut; der Vertragsentwurf spiegelt dies in keiner Weise wider.
Wesentliche Ursache für das schlechte Verhandlungsergebnis ist offenbar die geradezu dilettantische Vorgehensweise des Magistrats. Der wollte wohl eine Ausschreibung unbedingt vermeiden und akzeptierte aus diesem Grund recht schnell die von der Süwag vorgetragene völlig abwegige Wunschvorstellung, dass ihr das Wärmeverteilnetz ohnehin schon gehöre, uneingeschränkt und völlig unabhängig von der Laufzeit des Erbbauvertrages. Unter dieser Voraussetzung wäre eine Ausschreibung des Heizwerkbetriebs aussichtslos und tatsächlich entbehrlich gewesen; von Verhandlungen auf Augenhöhe konnte unter dieser falschen Voraussetzung aber keine Rede mehr sein. Weil es nämlich für ein Heizwerk ohne Wärmeverteilnetz nur einen Interessenten geben könnte, nämlich den Besitzer eben dieses Verteilnetzes, die Süwag.
Die Interessengemeinschaft Fernwärme plädiert dringend dafür, angesichts des wenig überzeugenden Vertragsangebots und der Art und Weise wie es zustande gekommen ist, erst einmal alle in Betracht kommenden Entscheidungsgrundlagen offenzulegen und dann auch andere Betriebsformen – Stadtwerke oder ein Joint Venture – in die Überlegungen einzubeziehen. Eine vorschnelle Entscheidung weitgehend ohne öffentliche Beratung wäre eines demokratischen Gemeinwesens unwürdig und würde dauerhaft viel Vertrauen kosten. Vertrauen, auf das die demokratisch gewählten Vertreter auch künftig dringend angewiesen sind. Das darf man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.

für die Interessengemeinschaft Fernwärme
Arnold Bernhardt

2 thoughts on “Schlechtes Vertragsangebot nach dilettantischem Vorgehen des MagistratsKooperationsangebot der Süwag kann nicht überzeugen

  1. Lieber Arnold,
    dein Beitrag enthält unberechtigte Kritik am Magistrat basierend auf größtenteils falschen Behauptungen, die auch dadurch nicht wahr werden, dass sie immer wieder wiederholt werden. Außerdem benutzt du das Podium des Sprechers der IG Fernwärme, um Positionen von Bündnis 90/Die Grünen zu vermarkten, wo es streitig ist, ob diese im Interesse der Mehrheit der Fernwärmekunden sind. Im Einzelnen:
    • Nicht der Magistrat sondern Mitglieder der Energiekommission haben den Verlängerungsvertragsentwurf mit Süwag ausgehandelt. Du bist Mitglied in der Energiekommission und Mitglied dieses städtischen Verhandlungsteams. In der Energiekommission wurden Ziele und Leitplanken für die Verhandlungen festgelegt. In den Verhandlungen mit Süwag wurden all diese Ziele im Wesentlichen erreicht. Nicht vereinbart werden konnten Ausnahmen vom Anschlusszwang.
    • Auf dem Informationsabend der IG Fernwärme und der Bürgerversammlung waren jeweils rund 100 Gäste mit einem geschätzten Anteil von Fernwärmekunden von jeweils 50 % (von insgesamt rund 4300 Schwalbacher Fernwärmekunden). Eine große Ablehnung wie von dir behauptet sieht anders aus.
    • Auch der Magistrat und viele Stadtverordnete haben darauf hingewiesen, dass die Vollkosten für die Wärmeversorgung eines Gebäudes per Fernwärme nicht über den Vollkosten für die Wärmeversorgung eines Gebäudes mit einer Wärmepumpe liegen dürfen. In Nachverhandlungen mit Süwag wurde auch dieses Ziel mittlerweile erreicht.
    • In den vereinbarten neuen Preisänderungsklauseln werden CO2-Preise NICHT doppelt berücksichtigt.
    • Mehr als 80% der Schwalbacher Fernwärmekunden wohnen in Mehrfamilienhäusern. Die meisten davon sind Wohnungsmieter. Der Anschlusszwang ist für diese Fernwärmekunden wünschenswert, weil jede Ausnahme vom Anschlusszwang (z.B. für EFH-Besitzer) sich unweigerlich in höheren Grundkosten für alle anderen Fernwärmekunden niederschlagen würde.
    • Der Magistrat hat NICHT akzeptiert, dass das Fernwärmeleitungsnetz der Süwag auch nach Ablauf des Pachtvertrags gehört.
    • Die Vorgehensweise des Magistrats ist keineswegs dilettantisch: Wie im Magistratsbericht 19/B 0061 nachzulesen ist, ist der Magistrat im Mai 2025 der Empfehlung der Energiekommission gefolgt, dass die Stadt Schwalbach
    o unter Leitung des Verhandlungsteams der Energiekommission unmittelbar in Verhandlungen eintritt über die vorzeitige Verlängerung des Pachtvertrags.
    o mit einer europaweiten Ausschreibung des Pachtvertrags für das Heizwerkgrundstück im Dezember 2025 beginnt, falls die Verhandlungen mit Süwag nicht erfolgreich abgeschlossen werden können. Die Entscheidung, ob die Verhandlungen erfolgreich abgeschossen werden können, trifft die Stadtverordnetenversammlung am 4. Dezember.
    • Die Stadtverordneten haben Zugriff auf alle Unterlagen, die sie brauchen, um die Entscheidung über die Verlängerung des Pachtvertrags oder die Ausschreibung des Fernwärmebetriebs am 4. Dezember treffen zu können. Der Pachtvertrag für das Heizwerkgrundstück endet am 31.12.2027. Süwag ist nicht verpflichtet, die Fernwärmeversorgung über diesen Termin hinaus zu gewährleisten. Die von dir vorgeschlagene Verschiebung dieser Abstimmung am 4.12.2025 ist NICHT im Interesse der Fernwärmekunden, weil dies die rechtzeitige Fertigstellung der europaweiten Ausschreibung für den Fernwärmebetrieb und damit die Fernwärmeversorgung über den 31.12.2027 hinaus gefährdet. Deinen Vorschlag, erneut über die von Bündnis90/Die Grünen propagierten Betriebsformen wie Stadtwerke und Joint Venture, die im Parlament bereits abgelehnt wurden, zu diskutieren, kann ich nur als Verzögerungstaktik und Wahlkampfmanöver für die anstehende Kommunalwahl deuten.
    Es wäre sehr wünschenswert, wenn du als Sprecher der IG Fernwärme und als Mitglied des Verhandlungsteams im Interesse der Fernwärmekunden zu einer wahrheitsgemäßen Darstellung der komplizierten Sachverhalte beitragen würdest und das Podium der IG Fernwärme nicht benutzt für die Verbreitung von Positionen von Bündnis90/Die Grünen.
    Norbert Wielens (Fernwärmekunde, Mitglied der IG Fernwärme, ehrenamtliches Mitglied im Magistrat, Mitglied der Energiekommission und des Verhandlungsteams)

    1. Lieber Norbert,
      Du hast in die Gespräche mit der Süwag selbst viel Arbeit investiert. Ich verstehe deshalb Deine Enttäuschung, dass trotz monatelanger Bemühungen nur ein unbefriedigendes Vertragsangebot zustande gekommen ist. Auch Du hast deshalb in diesem Zusammenhang davon gesprochen, dass man nur „einen Spatz in der Hand“ erhalten habe. Es hilft aber nicht und es ist niemandem damit gedient, die Dinge schönzureden. Der Versuch, den Vertragstext selbst geheim halten zu wollen, bestätigt nur die Kritik an den Vereinbarungen und ist eines demokratischen Gemeinwesens unwürdig. Und abwegig ist die Behauptung, dass die Fernwärmeversorgung nach dem 31.12.2027 gefährdet wäre. Ein Monopolunternehmen darf seine Leistungen nicht einfach einstellen.
      Erst die von der Interessengemeinschaft vorgetragene öffentliche Kritik hat jetzt in zwei Punkten zu Nachbesserungen geführt: Die in Rechnung gestellten CO2 Abgaben sollen nun nicht mehr doppelt berechnet werden und die Fernwärmepreise sollen jetzt die Kosten für eine individuelle Versorgung mit einer Wärmepumpe nicht mehr überschreiten. Das allein zeigt schon, wie fragwürdig das Verhandlungsergebnis gewesen sein muss und dass man sich auf die schönen Rechenbeispiele angesichts weitreichender Veränderungsklauseln und der viel zu langen Vertragslaufzeit von 20 Jahren nicht verlassen darf. Die Konsequenz aus einem mehrjährigen Überschreiten der so definierten „Preisobergrenze“ soll ja nicht etwa die Kappung von überhöhten Preisen sein, sondern dass man in diesem Fall lediglich die Beschaffungsstrategie überprüfen will aber ausdrücklich keine Kostensenkung garantiert. Und wenn nun ab 2028 die CO2 Abgaben nicht mehr doppelt berechnet werden sollen, ist das vor allem ein Hinweis darauf, dass dies zurzeit eben gerade geschieht. Der Frage gehen wir weiter nach.
      Das Wichtigste aber: Die von vornherein zu hohen Arbeitspreise auch für die spätere Nutzung von Abwärme wurden so von der Süwag vorgeschlagen und sie finden sich unverändert in dem vorliegenden Vertragsangebot. Sie liegen sogar über dem, was zum Beispiel in Langen Oberlinden berechnet wird und das dortige Heizkraftwerk wird ebenfalls von dem E.ON-Konzern betrieben. Auch der häufige Verweis auf geringere CO2 Abgaben durch Abwärmenutzung spätestens ab 2030 kann nicht überzeugen. In Langen Oberlinden werden heute schon und nicht erst ab 2030 deutlich geringere CO2 Abgaben in Rechnung gestellt, da ist man in Sachen Transformation schon sehr viel weiter, ganz ohne den angeblich erforderlichen Aufwand von vielen Millionen Euro, die erst noch investiert werden sollen. Die längst versprochene Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durch ein geeignetes Institut liegt immer noch nicht vor und der größere Teil der angekündigten Maßnahmen sind lediglich Versprechungen, sind nicht verbindlich vereinbart.
      Wie konnte es dazu kommen, dass trotz monatelanger Bemühungen nun über ein so wenig überzeugendes Vertragsangebot abgestimmt werden soll? Das hat eben leider ganz wesentlich mit der unfassbar leichtfertigen Vorgehensweise des Magistrats zu tun. Wer der Gegenseite durch eine falsche „Markterkundung“ nur für das Heizkraftwerk ohne ein Leitungsnetz auch noch öffentlich signalisiert, dass allein die Süwag als Vertragspartner in Frage kommen soll, darf sich über das allzu selbstbewusste Auftreten des unter dieser Voraussetzung einzigen möglichen Vertragspartners nicht wundern.
      Richtig ist nach wie vor: Es besteht eine gesetzliche Verpflichtung, den Betrieb des Heizkraftwerks europaweit auszuschreiben und natürlich hat ein erfolgreicher Bieter Zugriff auf das Leitungsnetz. Es gibt keinen Zweifel, dass sich mit dieser Vorgabe genügend Interessenten finden lassen. Wenn die Stadt eine Verpflichtung zur Ausschreibung außer Acht lässt, können daraus Schadenersatzansprüche entstehen.
      Die Unterschrift unter das vorliegende Vertragsangebot der Süwag birgt ein unkalkulierbares Kostenrisiko für die Kunden und ein erhebliches Schadenersatzrisiko für die Stadt. Das können wir nicht außer Acht lassen, müssen nach Alternativen suchen. Die Mitglieder der IG Fernwärme haben bisher mit großer Mehrheit dafür plädiert, dass der Betrieb des Heizkraftwerks ausgeschrieben wird und dass mehr städtischer Einfluss der Willkür des Heizkraftwerkbetreibers enge Grenzen setzen soll. Daran will ich mich weiterhin orientieren.
      Arnold Bernhardt

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