31. Januar 2023
IG Fernwärme erhebt Vorwürfe gegen Heizwerkbetreiber
„Viel teurer als anderswo“
Über einen Zeitraum von zwölf Jahren hat die IG Fernwärme den Abstand der in Schwalbach verlangten Mischpreise zu denen anderer Versorgungsunternehmen verglichen. Der Abstand ist nach den Berechnungen der IG Fernwärme im Jahr 2021 deutlich angewachsen. Die Auswahl der zum Vergleich herangezogenen Fernwärmeversorger wurde seit dem Jahr 2009 nicht verändert. Grafik: IG Fernwärme
Die Interessengemeinschaft (IG) Fernwärme hat errechnet, dass die Heizkosten in der Limesstadt viel höher sind als in anderen vergleichbaren Fernwärmegebieten. Unterdessen sind sich die Stadtverordneten aller Fraktionen einig, dass es wegen der stark gestiegenen Heizkosten in Schwalbach finanzielle Unterstützung für Härtefälle geben soll.
Die IG Fernwärme hat nach eigenen Angaben 420 Jahresabrechnungen für das Jahr 2021 ausgewertet und kommt danach zu einer „bedrückenden Feststellung“: „Hier kostet die Fernwärme jetzt schon sehr viel mehr als in anderen Fernwärmenetzen und der Preis wird sich nach Ankündigung von `e.on´ im Jahr 2022 noch einmal nahezu verdoppeln“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Das ist nach Meinung der IG Fernwärme eine für viele Kunden „existenzbedrohende Entwicklung“, die alle Kommunalpolitiker wachrütteln sollte. Der Hinweis des Versorgungsunternehmens auf gestiegene Einkaufspreise für Gas sei dabei wenig überzeugend. Die Gaspreise seien längst nicht so stark gestiegen wie der Schwalbacher Fernwärmepreis und der schon im zweiten Jahr festzustellende Preisabstand zu anderen regionalen Fernwärmeversorgern berge eine noch gar nicht so recht wahrgenommene Brisanz. Bei anhaltend überteuerten Fernwärmepreisen könne die Stadt das Erbbaurecht an dem Heizwerkgrundstück – die Grundlage für das Versorgungsmonopol in der Limesstadt – zurückverlangen.
Die Interessengemeinschaft Fernwärme prüft gerade alle in Betracht kommenden rechtlichen Schritte gegen das Versorgungsunternehmen. Dazu gehöre die Möglichkeit einer individuellen Musterklage ebenso wie die Möglichkeit einer Musterfeststellungsklage durch die Verbraucherzentrale oder eine kartellrechtliche Überprüfung auf Landesebene.
Jeder rote Punkt steht für einen einzelnen Schwalbacher Fernwärmekunden. Die grüne Linie markiert laut IG Fernwärme die Durchschnittspreise anderer Versorgungsunternehmen. Der meist höhere Preis resultiert laut IG Fernwärme im Wesentlichen aus dem verschieden großen Anteil des Grundpreises an der Gesamtrechnung. Grafik: IG Fernwärme
Auch in der Politik wird das Thema diskutiert. Die Schwalbacher Grünen sehen besonders die Stadt in der Verantwortung. Sie sei Besitzerin des Fernwärmegrundstücks, erziele über den Erbbauzins Einnahmen und habe mit der Verpachtung die Preisgestaltung mit zu verantworten. Der Vertrag mit „e.on“ für den Betrieb des Netzes sehe allerdings für den Fall überhöhter Preise einen Rückfall des Kraftwerks an die Stadt vor. Die Grünen fordern daher in einem Antrag, dass die Stadt „e.on“ entsprechend abmahnt. „Wir sehen die Bedingungen als gegeben”, sagt Stadtverordneter Thomas Nordmeyer. Die Fernwärmepreise lägen seit Oktober 2021 weit über dem Marktüblichen und die aktuelle Preisformel sei so gestaltet, dass das auf absehbare Zeit so bleibt.
Hilfe in Härtefällen
Unterdessen haben sich alle Fraktionen im Schwalbacher Stadtparlament auf eine Härtefallregelung verständigt, mit der Haushalte unterstützt werden sollen, die sich die hohen Energiepreise nicht mehr leisten können. Nachdem es zunächst im Ausschuss für Bildung, Kultur und Soziales am Mittwoch vergangener Woche zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen den Grünen einerseits und der Koalition aus SPD und CDU andererseits gekommen war, verständigte man sich am Donnerstag im Haupt- und Finanzausschuss auf einen gemeinsamen Antrag. Schwalbacherinnen und Schwalbacher, die unverschuldet in eine finanzielle Notlage durch gestiegene Energiepreise geraten sind, sollen einmalig mit 100 Euro unterstützt werden. Zielgruppe sind Menschen, die keine staatlichen Zuwendungen wie Sozialleistungen oder Wohngeld erhalten. Die Prüfung der Bedürftigkeit solle eine Einkommensprüfung umfassen. CDU-Stadtverordneter Jan Welzenbach: „Wir halten die vorgeschlagene Entlastung für sozial notwendig, denn wir dürfen die Betroffenen in dieser Lage nicht allein lassen.“ Unterstützt werden sollen sowohl Fernwärmekunden als auch Schwalbacher, die mit Öl, Gas oder Pellets heizen.
Quelle: https://schwalbacher-zeitung.de/2023/01/31/viel-teurer-als-anderswo/